Fahrradintensivtraining

Fahrradtraining für Kinder, die noch Nachholbedarf haben

Am 28.07.2021trafen sich die Initiatoren, Förderer und Vertreter der Stadt Bremerhaven in der Surheider Schule, um sich einen Überblick von dem am Montag begonnenen Fahrradintensivkurs zu machen.
Um 11.00 Uhr zeigten 14 Schüler:innen, wie sicher sie im Umgang mit ihrem Fahrrad geworden sind. Die Schüler:innen freuten sich sehr über ihren neuen Fahrradhelm und die neue Sicherheits-Warnweste, mit der bald alle Schulanfänger:innen ausgerüstet werden sollen. Der Intensivkurs wird noch bis Freitag fortgesetzt.

Fahrradintensivkurs an Bremerhavener Schulen:

Das Thema „Verkehrserziehung“ ist in allen Jahrgängen der Grundschule ein regelmäßig wiederkehrendes Thema. Die Schule hat hier u.a. den Auftrag, die Kinder zu sicheren Verkehrsteilnehmer:innen zu machen. Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV: Im 4. Jahrgang wird insbesondere die Verkehrsteilnahme als Radfahrer:innen thematisiert. Dabei geht es um Verkehrsregeln und die Fahrräder der Kinder werden auf ihre Verkehrssicherheit hin überprüft. Die Kinder nehmen abschließend alle an einer praktischen Fahrradprüfung teil. Dabei zeigt sich, dass die Zahl der Kinder, die die praktische Prüfung nicht bestehen, zunimmt. Das lässt sich in Stadtteilen beobachten, in denen das Fahrradfahren in der Ursprungskultur der Kinder nicht so selbstverständlich ist wie in Bremerhaven, aber inzwischen auch vermehrt in privilegierten Stadtteilen. Die Kinder haben das Fahrradfahren zuhause nicht oder nicht sicher gelernt. Der Fahrradparcours, der in Vorbereitung auf die Prüfung an den Schulen aufgebaut wird, steht zwar während der Unterrichtseinheit mehrfach zur Verfügung, aber das reicht nicht aus, damit diese Kinder zu sicheren Radfahrer:innen werden. Bislang gab es kein ergänzendes Angebot für die Schüler:innen, die den sogenannten Fahrradführerschein nicht bestanden hatten. Es musste „hingenommen“ werden, dass ein Teil der Kinder das Fahrradfahren nicht gelernt hat. Dies wollen wir nun ändern. Außerdem sollen auch die Schüler:innen, die sich beim Fahrradfahren nicht so sicher fühlen, zu sicheren Radfahrer:innen werden, damit das Rad als umweltfreundliches Verkehrsmittel im Zuge der Verkehrswende noch mehr genutzt wird. Es besteht also Handlungsbedarf.Um die Anzahl der Kinder zu erhöhen, die mit dem Wechsel zu den weiterführenden Schulen sicher Fahrrad fahren können, wird in dieser Woche (Surheider Schule) und in der nächsten Woche (Pestalozzischule) für die Schüler:innen jeweils ein einwöchiger Fahrrad-Intensivfahrkurs angeboten.In Bremerhaven übernimmt die Verkehrswacht Bremerhaven e.V. mit vier engagierten Mitgliedern in Zusammenarbeit mit dem Bremer Aktionsbündnis ‚aber sicher!“ die Ausbildung pro Standort. Für die Parcours werden Roller und Fahrräder genutzt. Begonnen wird mit gezielten Übungen, die die Motorik der Teilnehmer:innen schulen. Es gibt auch einen theoretischen Teil und natürlich die Fahrradwerkstatt. Alle mitgebrachten Fahrräder werden gemeinsam überprüft. Ziel ist es, die teilnehmenden Kinder zu sicheren Fahrradfahrer:innen zu schulen, sowohl in Bezug auf die Verkehrsregeln als auch auf das sichere Beherrschen des Fahrrads.

Unterstützt wird diese Idee, als eine der ersten Verkehrspräventions-Aktionen ‚nach CORONA‘ von Polizei, Verkehrswacht und anderen Trägern von Verkehrspräventionsarbeit und vom Magistrat der Stadt Bremerhaven (Schulamt), der GEWOBA, der Proske Stiftung und der Ursula Wulfes Stiftung.
Vor Ort waren: Stadtverordnetenvorsteher Torsten von Haaren, Verena Nölle (‚aber sicher!‘ / Schulexpress), Andrea Marquardt (Verkehrserziehung an Schulen), Michael Sandelmann (Proske Stiftung/Ursula Wulfes Stiftung), Ralf Spörhase (Verkehrswacht Bremerhaven e.V.)

Lesen Sie dazu auch den nachfolgenden Artikel aus der Zeitung:

Quelle: Weser-Kurier vom 29.07.2021

Text: Anne Gerling

Von Sommerpause war auf dem Hof der Grundschule Halmerweg in der ersten Ferienwoche wenig zu spüren: 35 Viertklässler drehten dort vergnügt auf Fahrrädern ihre Runden, schlängelten sich zwischen rot-weißen Pylonen hindurch, balancierten über eine Wippe und griffen während im Vorbeifahren nach Tennisbällen, mit denen sie anschließend auf einen Turm aus leeren Blechdosen warfen.

Fünf Tage lang ist das Rolli-Mobil-Team der Landesverkehrswacht Bremen vor Ort und baut einen Fahrradparcours auf, an dem die Kinder Geschicklichkeit und Gleichgewichtssinn trainieren können. Am morgigen Freitag, 30. Juli, ist für die Kinder dann der große Tag: Dann wollen die Mädchen und Jungen bei „ihrem“ Kontaktpolizisten im zweiten Anlauf den Fahrradführerschein machen.
Denn auch wenn eigentlich alle Kinder hier der Meinung sind, dass sie gut Fahrrad fahren können, so sind sie doch noch nicht sicher genug für den Straßenverkehr. So klappt zum Beispiel das Abbiegen mit ausgestrecktem Arm noch nicht oder die Kinder vergessen den Schulterblick vor dem Abbiegen.

„In manchen Quartieren haben bis zu 90 Prozent der Grundschüler keinen Fahrradführerschein. Das ist sehr viel. Und entweder man nimmt es hin, oder man sagt: Wir wollen das ändern“, sagt Verena Nölle, Koordinatorin für Verkehrserziehung bei der Landesverkehrswacht.
Und deshalb hat nun erstmalig das Aktionsbündnis „Aber sicher! – Gemeinsam für ein verkehrssicheres Bremen“ einen fünftägigen Fahrradintensivkurs in Gröpelingen und in anderen Grundschulen in Huchting, Hemelingen, Grohn und Bremerhaven auf die Beine gestellt und damit bundesweit unter den Landesverkehrswachten für Aufsehen gesorgt. Fünfmal fünf Stunden wird nun Theorie und Praxis geübt.

Bevor die Viertklässler im Fahrrad-Parcours der Landesverkehrswacht Geschicklichkeit und Motorik trainieren, wurden in der Fahrradwerkstatt gemeinsam alle mitgebrachten Fahrräder überprüft und probeweise auch ein Reifen geflickt. Am Fahrrad-Simulator lernen die Kinder dann Gefahrensituationen kennen – etwa, wenn sich unerwartet am Straßenrand eine Autotür öffnet oder ein Ball auf die Straße rollt. „Ziel ist es, die teilnehmenden Kinder zu sicheren Fahrradfahrern zu schulen, sowohl in Bezug auf die Verkehrsregeln als auch auf das sichere Beherrschen des Fahrrads“, so Nölle.

Das Problem bestehe schon seit Jahren, bestätigt Grundschulreferentin Nikola Schroth aus dem Bildungsressort: „Das hat nichts mit Corona zu tun.“ Vielmehr lernten offenbar immer mehr Kinder das Fahrradfahren zuhause nicht, was auch durch die Trainingseinheiten in der Schule nicht ausgeglichen werden könne.

Insgesamt machen in Bremen und Bremerhaven etwa 140 Kinder mit, in Gröpelingen ist das Angebot dabei von besonders vielen Eltern angenommen worden: 35 Kinder nehmen dort am Fahrradintensivkurs teil – und haben dabei so viel Spaß, dass ihnen sogar das frühe Aufstehen nichts ausmacht. Mit der linken Hand beim Fahren einen Tennisball aus einem Korb holen: Das sei für ihn der schwierigste Part, erzählt der zehnjährige Marcelino. Der gleichaltrige Metin findet den Parcours gut, weil man sich dabei bewegen muss: „Ich mag alles, was gesund ist.“

Für Verena Nölle hängt insbesondere auch die angestrebte Verkehrswende davon ab, dass mehr Mädchen und Jungen zu sicheren Radfahrern und Radfahrerinnen werden und somit das Rad als umweltfreundliches Verkehrsmittel noch mehr genutzt wird: „Es besteht also Handlungsbedarf.“

In Zukunft möchte Nölle jährliche Fahrradintensivkurse anbieten und hofft auf die dafür benötigten Sponsoren. Denn die mehr als 16.000 Euro teure Premiere in diesem Jahr konnte nur mit der finanziellen Unterstützung der Bremer Bürgerstiftung, der Schuloffensive Bremen, der Unfallkasse Bremen, der Gewoba, der Umweltbildung Bremen, des Rotary Club Bremen Weser und der Bremischen Kinder- und Jugendstiftung realisiert werden.

Dort ist man ebenfalls von der Wichtigkeit dieses Projekts überzeugt. „Bremer Bürger müssen in ihrer DANN haben, dass sie schwimmen und Fahrrad fahren können. Nur so kann man ein echter Bremer werden – deshalb war uns das so wichtig. Denn es geht darum, in dieser Stadt gemeinsam zu leben und niemanden auszuschließen“, sagt etwa Eberhard Muras, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Bremen.